Ein Eichhörnchen, welches in den Ästen eines Baumes sitzt und an einer Nuss knabbet

CH: Bauern vernichten Kulturland

28. November 2015

Der Schweizer Bauernverband hat seine Mitglieder zu einer nationalen Manifestation aufgerufen. Am vergangenen Freitag demonstrieren sie vor dem Bundeshaus für eine Kompensationspflicht für Kulturlandverlust in Gewässerräumen.

Die Landwirtschaft schiebt den Schwarzen Peter dabei einmal mehr dem Naturschutz zu. Brisant: Neue Daten aus sechs Kantonen beweisen, dass die Bauern selber die zweitgrössten Zerstörer von Kulturland sind. Und dass der Flächenverbrauch für Massnahmen des Gewässerschutzes vernachlässigbar sind.

Offizielle Daten aus den Kantonen Zürich, Thurgau, St. Gallen Bern, Fribourg, Luzern und Graubünden und Auswertungen der Arealstatistik im Schweizer Talgebiet zeigen: Die Fläche, die Gewässerräume, Hochwasserschutzmassnahmen mit Flussrevitalisierungen und andere Naturschutzmassnamen beanspruchen, ist im Vergleich zum Kulturlandverlust, der durch diverse Überbauungen verursacht wird, verschwindend klein. Zu diesem Resultat kommt auch ein vor wenigen Tagen veröffentlichter Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats

Der WWF nimmt zu den Vorwürfen des Schweizer Bauernverbands wie folgt Stellung:

  1. Nationale und kantonale Bauernverbände führen eine koordinierte Kampagne gegen Naturschutzmassnahmen. Dabei blenden sie aus, dass sie selbst einer der grössten Zerstörer von Kulturland sind. Siedlungsbauten sind für 70% bis 90% des Kulturlandverlusts verantwortlich. Der Verkauf der Flächen für diesen Siedlungsbau ist eine lukrative Einnahmequelle für Bauern. Von den restlichen 10 bis 30%  des verlorenen Kulturlandes gehen 60% bis 90% auf das Konto von Ställen, Remisen, Masthallen und anderen landwirtschaftliche Bauten. Gewässer- und Naturschutz sind flächenmässig im Vergleich dazu absolut vernachlässigbar, aber unabdingbar für die Erhaltung der Biodiversität und den Schutz unseres Trinkwassers.
  2. Mit dem Bau von immer mehr und immer grösseren Ställen, Masthallen, Remisen, etc. und der miteinhergehenden Versiegelung für Zufahrten und Vorplätzen geht Jahr für Jahr viel Kulturland verloren, wie Zahlen aus verschiedenen Kantonen belegen. Dies ist einerseits wegen dem Flächenverlust problematisch. Andererseits aber auch, weil an mehr Nutztiere in der Regel auch mehr importierte Futtermittel verfüttert werden, was zu erhöhten Stickstoffemissionen führt. Diese schädigen Moore, Trockenwiesen und Wälder und gefährden damit die Biodiversität. 
  3. Kulturlandschutz im Blindflug: Anfragen bei verschiedenen Kantonen haben gezeigt, dass nur verlässliche Daten für die Überbauung von Kulturland und Fruchtfolgeflächen mit Siedlungen vorliegen, bei den anderen Bereichen nicht. Wo Zahlen vorliegen zeigt sich, dass nach dem Bau von Siedlungen jener von Ställen, Remisen, Masthallen und anderen landwirtschaftlichen Bauten der zweitgrösste Vernichter von Kulturland ist. Der Gewässer- und Naturschutz ist bezüglich der Flächenverluste vernachlässigbar, belegen sowohl Zahlen als auch qualitative Einschätzungen der Kantone.


Was nicht untersucht und somit nicht in die gesetzlichen Bestimmungen einfliesst, ist der qualitative Kulturlandschutz. So ist beispielsweise nicht untersucht, ob die Fruchtbarkeit der Böden langfristig gesichert ist, oder ob sie durch Erosion, Verdichtung oder Schadstoffe gefährdet sind. Die Kantone machen sich damit zu Komplizen des SBV, , denn sie erschweren es dadurch unnötig, die unhaltbaren Vorwürfe des SBV zu entkräften. 

Der WWF fordert deshalb folgende Massnahmen zur Eindämmung des Kulturlandverlusts:

  1. Neueinzonungen und die Überbauung noch nicht überbauter Flächen in der Bauzonen soll sich auf gut erschlossene Lagen in der Nähe der Arbeitsplätze konzentrieren, und die Mobilität muss mit dem öffentlichen Verkehr, zu Fuss und per Fahrrad abgewickelt werden können. Das verhindert den Bau von weiteren Strassen. 
  2. Auf den Bau weiterer landwirtschaftlicher Gebäude in „der grünen Wiese“ soll grundsätzlich verzichtet werden. In unabdingbaren Fällen muss das Gebäude durch den Abbruch eines bestehenden, ungenutzten Gebäudes kompensiert werden.  Die Umnutzung bestehender landwirtschaftlicher Gebäude für Wohn- oder gewerbliche Nutzung soll verboten werden, da auch dies den Ausbau der dafür notwendigen Erschliessungen nach sich zieht. 
  3. Bestehende Bestimmungen zum Schutz vor Erosion, zur Vermeidung der Bodenverdichtung und zur Verhinderung der Schadstoffbelastungen müssen endlich konsequent eingehalten werden. Dazu braucht es die Mittel für den Vollzug und die Durchführung von Messungen und Bodenuntersuchungen. 

 
Weiterführende Informationen:
Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats
Factsheet Kulturlandverlust WWF

 
Kontaktpersonen:
Thomas Wirth, Bodenschutzexperte WWF Schweiz, 044 297 22 85
Daniela Hoffmann, Landwirtschaftsexpertin WWF Schweiz, 044 297 21 72
Martina Lippuner, Kommunikationsbeauftragte WWF Schweiz, 044 297 23 14 

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