Zu Besuch bei Herdenschutzhunden
03. April 2023
Rund 160 Mutterschafe mit Lämmern leben bei Bernolds auf dem Betrieb in Mels und dazu momentan vier Herdenschutzhunde. Seit acht Jahren halten sie Herdenschutzhunde und seither hatten sie keinen einzigen Wolfsriss. Der Herdenschutz funktioniert also für Bernolds, zumindest auf der Alp. Selbständig und rund um die Uhr schützen und bewachen die Hunde während der Sommersaison die Herde. Danke ihnen können auch Alpen geschützt werden, die sehr schwer zugänglich sind und beispielsweise nicht mit Zäunen geschützt werden können. Zurück im Tal, sieht es dann aber manchmal anders aus. Nicht alle Jogger:innen, Wander:innen, Reiter:innen, Velofahrer:innen, Hundehalter:innen und Anwohnende haben Verständnis für das Wesen der Hunde. Mathias Rüesch von Bauernverband St. Gallen weiss von diversen Betrieben, bei denen aus der Bevölkerung Klagen eingegangen sind. Und mit dem Beginn der Weidesaison wird man auch öfters wieder auf Herden mit Schutzhunden treffen.
Das Wesen der Herdenschutzhunde
Herdenschutzhunde sind zwar nicht aggressiv, ihren ausgeprägten Schutzinstinkt verlässt sie aber auch nicht wenn sie zurück im Tal sind. «Wir bringen den Hunden bei, dass sie die Herde selbständig schützen müssen. Es liegt deshalb auch im selbständigen Ermessen des Hundes, was er als Bedrohung wahrnimmt, ob nun Mensch oder Wolf.», erklärt Olivia Bernold. Diese Selbständigkeit, die auf der Alp so gefragt ist, könne im Tal nicht einfach abgestellt werden. Dass die Hunde also laut Bellen und bereits auch bei Reizen wie einem vorbeifahrenden Auto oder einer joggenden Person angeben, gehört zu ihren Aufgaben. Auf der Alp sind sie immer auf der Hut und vertreiben Wildtiere mit lautem Gebell, bevor diese der Herde zu nahekommen können. Auch dass ein Herdenschutzhund auf einen Menschen zu rennt, ist normal – denn er möchte sich schützend zwischen Herde und Bedrohung stellen.
Richtiges Verhalten bei Begegnungen
«Dass einem bei der Begegnung mit einem Herdenschutzhund nicht ganz wohl ist, kann ich schon verstehen – immerhin sind es sehr grosse und laute Hunde.», sagt Martin Bernold. Jedoch muss man bei korrektem Verhalten keine Angst haben, dass etwas passiert. Im Tal sind die Hunde sowieso in den allermeisten Fällen eingezäunt. Am besten passiert man die Weide, ohne den Hund zu beachten. Der eigene Hund sollte unbedingt an der Leine sein und ist vom Zaun fernzuhalten. Trifft man trotzdem einmal auf einen freilaufenden Hund, ist es ratsam stehen zu bleiben und dem Herdenschutzhund Zeit zu geben, damit dieser die Situation einschätzen kann. Beruhigt sich der Hund nicht, ist Umkehren ratsam. In einem zweiten Anlauf kann der Abstand zur Herde vergrössert werden. Auf keinen Fall sollte der Hund durch lautes Geschrei vertrieben oder mit Stöcken und Herumgefuchtel das Einschüchtern versucht werden. Was bei einem aufsässigen Bläss funktionieren mag, gibt einem Herdenschutzhund nur Grund zur Annahme, dass man tatsächlich eine Bedrohung ist. Wenn man auf dem Fahrrad unterwegs ist, ist absteigen empfohlen und das Rad sollte langsam neben sich hergeschoben werden.
Appell an die Bevölkerung
«Wir wünschen uns, dass man in den Dialog tritt und sich bei uns meldet, wenn man Probleme mit den Hunden hat.», sagt Olivia Bernold. Einfach nur bei der Polizei anzurufen, wenn man sich durch die Hunde bedroht oder durch das Gebell gestört fühlt, nützt nichts und beschert den Haltern viel unnötige Arbeit. Auch der WWF möchte für mehr Verständnis in der Bevölkerung für die speziellen Hunde sorgen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil des Herdenschutzes und somit für eine Koexistenz mit dem Wolf.
Alle Infos zum richtigen Verhalten bei Begegnungen mit Herdenschutzhunden gibt es auf der Webseite der Fachstelle Herdenschutz. Ein informativer Flyer zeigt die wichtigsten Merkpunkte auf.